Eine lange Nacht stand den 21 Schülerinnen und Schülern und den sie begleitenden Lehrkräften OStRin Andrea Kreilinger, StRin Sophia Tröster sowie OStR Stefan Naber bevor, die sich am Sonntag, den 18.6.2017 auf den Weg in die Provence machten. Um das Etappen-Ziel Avignon so zu erreichen, sodass bereits der erste Tag Raum für Programm und private Erkundungen ließ, nahm man eine Nachtfahrt auf sich, die dank liebevoller Fürsorge der beiden Busfahrer Martha und Lois beinahe wie im Flug verging.
In Avignon angekommen, folgte der Besuch der weltberühmten Brücke St.-Bénézet und des eindrucksvollen Papst–Palastes, die beide jährlich Millionen Touristen aus aller Welt locken und faszinieren. Allerdings zeigten sich hier auch bereits die kleinen Probleme, die bei so einer Reise auftreten können, denn auf den ca. 300 Metern, die zwischen den beiden Sehenswürdigkeiten liegen, gingen ca. 25% der Reisegruppe zunächst verloren und waren auch – anders als aufgrund des alltäglich erlebbaren Handy-Nutzungsverhaltens moderner Jugendlicher zu erwarten wäre – nicht (mehr) zu erreichen. Es sollte jedoch das (vor)letzte Missverständnis und -geschick dieser Art bleiben.
Tag 2 war mit einem prallen Programm gefüllt und führte die Gruppe zunächst nach Nîmes, um die wunderbar erhaltenen Arènes, ein römisches Amphitheater, zu besichtigen. Dabei stellte sich heraus, dass dieser Ort, an dem sich vor 2000 Jahren Gladiatoren und bis auf den heutigen Tag Stiere und Matadore gegenseitig umbrachten und -bringen, auch für Rockkonzerte genutzt wird. Mit Charme und Verhandlungsgeschick gelang es drei Schülerinnen, Karten für System of A Down zu kaufen bzw. sich von Crew-Mitgliedern schenken zu lassen, die Rückfahrt nach Avignon zu organisieren und den auch nicht mehr ganz so jungen Lehrer zu überzeugen, das Konzert spontan zu besuchen. Alles klappte; Fazit: Es war ein gigantischer Abend. Das Ausflugs-Programm führte dann in die Maison Carrée, wo die Geschichte eines römischen Kaisers filmisch aufwendig und interessant dargestellt wird. Nach kurzer Freizeit fuhr die Gruppe zum römischen Aquädukt Pont du Gard, wo nach kurzer Wanderung und Besichtigung auch Zeit zum Bad im Fluss oder in der Sonne blieb.
Der nächste Tag brachte einen Umzug mit sich, denn der AFS-Tross zog weiter an die Côte d’Azur, um die Mittelmeer-Metropole Nizza und Umgebung kennen zu lernen. Zunächst besichtigte man die wunderschöne russisch-orthodoxe Kathedrale St. Nicolas und man versuchte einige Besonderheiten bzw. Unterschiede dieser christlichen Konfession im Vergleich zum katholischen Pendant herauszufinden. Nach Bezug des Hotels folgte ein Spaziergang auf den Hügel, der die beste Sicht auf diese einzigartige Stadt und ihre Engelsbucht, la Baie des Anges, bietet, sowie ein kleiner Stadtrundgang, auf dem die Hauptplätze Place Masséna und Marché aux Fleurs sowie die Promenade des Anglais in Augenschein genommen werden konnten. Dass sich Frankreich nach den unfassbaren Terror-Anschlägen immer noch in einem Ausnahmezustand befindet, merkten die Schüler am patrouillierenden Militär, das den Menschen vermitteln soll, dass man auf sie aufpasst. Ansonsten nimmt das Leben in Nizza seinen gewohnten, französisch-lässigen Gang, wie am Abend mit Musik an jeder Ecke festgestellt werden konnte: der 21. Juni ist in ganz Frankreich der Musik gewidmet, man feiert die Fête de la Musique.
Es folgte ein abwechslungsreicher vierter Tag, der über moderner Kunst und eine Einführung in die Parfüm-Herstellung schließlich beim gemeinsamen Abendessen im mondänen Antibes führte. Werke von Miró und Chagall sind in der wundervoll nahe des Künstlerortes St. Paul de Vence gelegenen Fondation Maeght zu besichtigen. Dabei sind das Museum und seine Architektur genauso als Kunstwerk zu betrachten wie die Skulpturen und Bilder von Malern und Bildhauen von Rang und Namen. Leider befindet sich eine neue Ausstellung im Aufbau und bekannte Exponate von Künstlern wie Giacometti waren unzugänglich. In Grasse gelang es uns, spontan eine Führung in der Parfümerie Molinard zu erhalten, bei der auf alle Aspekte der Parfüm-Herstellung eingegangen wurde. So war etwa zu erfahren, dass der Beruf des Parfumeurs (frz. un nez = Nase) unglaubliche Anforderungen stellt. So müssen angehende nez im Abschlussjahr 2000 unterschiedliche Düfte unterscheiden und dürfen dabei gerade einmal einen (!) Fehler machen. Es wurde über die Herstellung von Parfum und Seife – in Grasse 100% reine Naturprodukte – ebenso informiert, wie über die Zusammensetzung (Kopf-, Herz- und Basisnote) und die richtige Lagerung eines Duftes (immer im Karton und nicht im Badezimmer!). In Antibes konnte man dann als Abschluss ein gemeinsames Abendessen zelebrieren, bei dem sich einige sogar weg von Pizza und Pasta zu eher landesüblichen Gerichten wie Moules frites orientierten.
Am Tag der Heimreise bot ein freier Vormittag in Nizza Zeit zum Baden, Shoppen oder Faulenzen; allerdings stand der letzte Programmpunkt und ein echtes Highlight noch bevor. Die Reisegruppe machte Halt im Fürstentum Monaco, der mondänsten und luxuriösesten Ecke der Region. Ein Treffen mit Fürst Albert, einem russischen Öl-Milliardär oder einer arabischen Prinzessin wäre – zumindest theoretisch – möglich gewesen, da aber alle Teilnehmer(innen) wieder zur Abfahrt am Bus erschienen sind, ist davon auszugehen, dass sich niemandem die Chance auf ein neues Leben geboten hat.
Ziel dieser Fahrt war es, den Französisch-Schülern Land, Leute und Sprache zumindest ein wenig näher zu bringen, mit Vorurteilen („arrogante Franzosen“) aufzuräumen und die wunderbare europäische Idee mit Frankreich und Deutschland und ihrer jungen Generation als Motoren mit Leben zu füllen. In der Annahme, dass dies zumindest zum Teil gelungen ist, freuen sich die Französisch-Lehrkräfte bereits auf die nächste Studienfahrt. En route pour 2018!
OStR Stefan Naber